Unruhe in der CDU: Weil der Historiker Andreas Rödder eine Öffnung der Partei zur AfD empfohlen hatte, gibt es heftige Kritik. Andere machen Druck auf Friedrich Merz.In der CDU ist eine neue Debatte um den Umgang mit der AfD entbrannt. Nachdem der Historiker und frühere Vorsitzende der CDU-Grundwertekommission, Andreas Rödder, eine Öffnung seiner Partei zur AfD angeregt hat, regt sich scharfer Widerspruch. “Herr Rödder hat offenbar keine praktischen Erfahrungen mit der AfD”, sagte Andreas Bühl, Fraktionsvorsitzender der CDU in Thüringen, dem stern. “Er verkennt, welche Hetzreden wir hier jede Woche in Kreistagen und Landesparlamenten erleben.” Rödders Blick sei “sehr theoretisch”. Bühl betonte: “Die AfD darf nicht in Verantwortung kommen.”Der Historiker Andreas Rödder hatte zuvor für eine “konditionierte Gesprächsbereitschaft” seiner Partei mit der AfD geworben. Die CDU müsse sich aus der “rot-grünen Deutungsanmaßung” befreien, sagte Rödder mehreren Medien. Unvereinbarkeitsbeschlüsse halte er grundsätzlich für ein Problem. Zudem hätte die CDU im Bundestag einen Alterspräsidenten der AfD wählen sollen und sollte auch AfD-Politiker zu Ausschussvorsitzenden wählen. Den AfD-Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland bezeichnet Rödder als “respektable Persönlichkeit”.AfD sei nur an Zerstörung interessiertCDU-Fraktionschef Bühl entgegnet: “Die AfD ist nur an Zerstörung interessiert.” Die Partei nutze jedes bisschen Macht, um das etablierte System vorzuführen und zu schädigen. “Wir haben im Thüringer Landtag erlebt, wie die AfD mit ihrem Alterspräsidenten jede Art von Mitbestimmungsrechten ausbremsen wollte.” Das zeige, dass man die Regeln für die Partei auch anpassen müsse. “Das haben wir in Thüringen gemacht und unterstützen das auch auf Bundesebene.”Der CDU-Fraktionschef warnte seine Partei vor einer Annäherung an die AfD: “Wir müssen uns bewusst machen, dass diese Leute nicht die freundlichen Konservativen von nebenan sind.” Das Hauptziel der Partei sei die Zerstörung der CDU. “Wir sind die letzte Barriere gegen deren Machtübernahme.” Gleichzeitig warb er für Differenzierung in der politischen Auseinandersetzung: Es helfe keine “platte Gut-gegen-Böse-Abgrenzung”, sagte Bühl. “Wir müssen uns deshalb thematisch an der AfD abarbeiten und die Probleme lösen, die die Menschen stören.”Rödder gilt als Vordenker innerhalb der CDUIn Thüringen stellt die AfD die stärkste Fraktion im Landtag, sie hat außerdem eine Sperrminorität. CDU-Ministerpräsident Mario Voigt stellt zusammen mit BSW und SPD die Regierungskoalition. In der vergangenen Woche etwa stellten die Fraktionen einen Antrag zur Aufnahme des Wolfs in das Jagdrecht. Die Linke stimmte dagegen, die AfD stimmte zu. “Wir haben das trotzdem zur Abstimmung gestellt, weil es in der Sache richtig ist”, sagte Bühl. Seine Formel lautet: “Es muss uns egal sein, wie die AfD stimmt, aber wir bringen sie nirgendwo in Verantwortung.” Der Historiker Andreas Rödder gilt innerhalb der CDU als konservativer Vordenker und bestens vernetzt. Friedrich Merz ernannte ihn nach seiner Wahl zum Parteichef im Jahr 2022 zum Vorsitzenden der Grundwertekommission. Nachdem Rödder in einem Interview mit dem stern unter anderem für weniger “Brandmauer-Hysterie” plädiert hatte, trat er nach innerparteilicher Kritik von dieser Funktion zurück. Heute ist Rödder Leiter der liberal-konservativen Denkfabrik “Republik21”. Rödder sagte der Zeitung “Die Welt” über sein Verhältnis zur CDU zuletzt: “Ich habe ein Problem.” Über die Konsequenzen denke er nach.Schlechte Stimmung in der CDUIn der CDU hat sich die Stimmung angesichts sinkender Umfragewerte und schwammiger Ergebnisse der Arbeitsgruppen in den Koalitionsverhandlungen zuletzt stark verschlechtert. In der Parteizentrale häufen sich die Berichte über Austritte. Der Chef der Jungen Union drohte am Wochenende damit, den Koalitionsvertrag abzulehnen, sollte es nicht zu klaren Verbesserungen kommen. Auch der frühere Ministerpräsident von Baden-Württemberg und Ex-EU-Kommissar Günther Oettinger macht in den Koalitionsverhandlungen Druck auf die CDU-Spitze um Friedrich Merz. „Die Finanzierung von Infrastruktur durch eine Ausnahme von der Schuldenbremse ist sehr verführerisch. Wir brauchen dringend Reformen im Bereich soziale Leistungen, Arbeitsmarkt und Subventionen“, sagte Oettinger dem stern. „Ich hoffe, dass sich Union und SPD in den Koalitionsverhandlungen auf eine solche neue Agenda verständigen.“
Oettinger, der früh zu den Verbündeten des CDU-Chefs zählte, zeigte sich auch enttäuscht darüber, dass bislang kein Rückzahlungsmechanismus für die großen Schuldensummen vereinbart wurde. „Ich erwarte einen Gesetzentwurf, ob, wie und wann die 1000 Milliarden Schulden, die jetzt durch Sondervermögen und Verteidigungsfinanzierung entstehen, getilgt werden. Hier darf man sich nicht auf die Inflation verlassen.“
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Author : Julius Betschka
Publish date : 2025-04-07 04:48:00
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