Wie umgehen mit Donald Trump, Wehrpflicht und der Zukunft Europas? Das bespricht Caren Miosga am Sonntag – mit einem nachdenklichen Joschka Fischer im Zentrum.Am Sonntagabend herrscht Totengräberstimmung bei Miosga. Nicht nur, weil Joschka Fischer direkt am Anfang der Sendung eine Weltordnung – zumindest für sich – zu Grabe trägt. “Trump zerstört mutwillig die Welt, in die ich hineingeboren bin.” Erst die Welt des Kalten Kriegs, dann die des ewigen Friedens. Es geht eigentlich den gesamten Abend so: Miosga gibt ein Stichwort, Fischer antwortet, der Zuschauer wird traurig.Miosga fragt ihn bedeutungsschwer, ob die Folgen der von Donald Trump verhängten Zölle genauso groß seien wie die des 24.02.2022 – der Beginn des russischen Angriffskriegs. Genau das hatte Noch-Wirtschaftsminister und Fischers Parteifreund Robert Habeck behauptet. Auch Fischer stimmt dem zu, ihn treibt aber noch etwas anderes um: “Am meisten nimmt mich mit, aus der Ferne zu verfolgen, wie dieses großartige Land durch den eigenen Präsidenten in den Abgrund geführt wird.” Er sagt: “Trump ist vor allem eine Gefahr für die Vereinigten Staaten selbst.”Ob er die Sorge habe, dass der “Spuk” nach vier Jahren nicht vorbei sei – dass also Trump wie angedeutet eine dritte Amtszeit anstrebt oder jemand anderes die MAGA-Bewegung übernimmt? Der 76-jährige Fischer lässt sich Zeit mit seiner Antwort. “Man sollte immer vom Schlimmsten ausgehen.” Die Konsequenzen daraus dürften aber nicht sein, die Bande mit den USA noch mehr zu zerschneiden, als sie es jetzt schon sind. Nein, so Fischer, die Konsequenzen daraus müssten drei Dinge sein: “Europa, Europa, Europa. Was denn sonst?”Caren Miosga zu Fischer: “Die Messlatte liegt bei Konrad Adenauer, haben Sie gesagt”Der Mann, der einmal als Vizekanzler und Außenminister die Geschicke Deutschlands maßgeblich mitbestimmt hat, erzählt über die menschliche Seite der Diplomatie. So ganz anders als unter Otto-Normalverbrauchern sei das nicht, nur das eben einer am Tisch für eine große Macht spreche. Miosga fragt, ob er schon einmal eine Runde mitgejoggt, einen Wein mehr getrunken habe, weil er eine Unterschrift brauchte. Nein, sagt Fischer. Schade – eine lustige Anekdote hätte der Stimmung der Sendung hier nicht geschadet. Denn Miosga macht direkt weiter, fragt über den Kanzler designatus Friedrich Merz und zitiert Fischers eigene Worte: “Die Messlatte liegt bei Konrad Adenauer, haben sie gesagt.” Bedeutungsschwanger. Fischer fragt: “Was wird das für eine Welt, in der die USA als Ordnungskraft faktisch ausfallen?” – und antwortet gleich selbst: “Das wird eine chaotische Welt, und da wird alles neu vermessen werden.” In dieser neuen Vermessung, da seien die europäischen Staaten zu klein – nur Europa hätte die Chance. Cut zum Video-Einspieler, der bei Miosga mittlerweile üblich geworden ist. Die Redaktion war an einer Schule, und hat die jungen Menschen nach der Wehrpflicht befragt. Die meisten sind gegen ihre Einführung – aber wenn, dann für Männer und Frauen. Genau um die geht es dann auch zurück im Studio. Mit am Tisch sind die Politikwissenschaftlerin und Sicherheitsexpertin Jana Puglierin sowie der sicherheitspolitische Korrespondent der ZEIT, Hauke Friederichs.Der erste Lacher im StudioDie Runde diskutiert über den Sinn und Unsinn einer Wehrpflicht. Wieso Fischer denn damals, als er 18 Jahre alt war und die Wehrpflicht noch zog, nicht zur Bundeswehr ging? “Schlechte Augen”, antwortet er lakonisch und das erste Mal an diesem Abend wird im Studio gelacht. Das erste Mal und ausnahmsweise. Denn jetzt zählen die beiden Experten die Probleme einer Wehrpflicht und der Bundeswehr auf. Puglierin sieht für den Fall ihrer Wiedereinsetzung Klagen voraus, da die sogenannte Wehrgerechtigkeit verletzt sein könnte – wenn Frauen nicht mit eingezogen werden würden. Außerdem hätte die Bundeswehr gerade nicht einmal die Ausbildungskapazitäten, um einen Jahrgang Wehrpflichtiger auszubilden. Friederichs erklärt, dass mit der Auflösung der Wehrkreisersatzämter die Bundeswehr auch aufgehört habe, die Daten ihrer Reservisten aktuell zu halten. Auch seien die Munitionsvorräte der deutschen Armee im Kriegsfall bei manchen Systemen in etwa drei Tagen erschöpft. Die drei Diskutanten und die Moderatorin streifen die Idee einer europäischen Friedensmission in der Ukraine. Die Kernfrage sei laut Puglierin: “Wie verhalten sich die Amerikaner dazu?” Friederichs wirft in Bezug auf die Debatte um die Bundeswehr ein, dass im jetzigen Tempo eine Wiederaufrüstung 100 Jahre dauern würde – “und das ist nicht übertrieben.” Dieser Fernsehabend geht ernüchternd ins Detail.Miosga schafft es aber, am Ende die richtige Frage an Fischer zu stellen: “Was gibt Ihnen Zuversicht?” Darauf Fischer: “Zuversicht gibt mir der Glaube daran, dass dieses großartige Land Deutschland und dieser großartige Kontinent Europa, diese offene Gesellschaft, nicht einfach drangibt.” Der ehemalige Außenminister: “Wir sind kein armes Land, wir können das, wir haben auch das wissenschaftliche Potenzial, wir haben das finanzielle Potenzial.” Aber irgendwo muss er ja kommen, der Haken: “Wenn wir uns nicht um uns selbst kümmern, dann wird es niemand anderes tun.”
Source link : https://www.stern.de/kultur/tv/joschka-fischer-bei-caren-miosga—europa–europa–europa–was-denn-sonst—35617860.html
Author : Erwin Hitzler
Publish date : 2025-04-07 00:50:00
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Wednesday, April 9